Ein Erntetag in den Olivenhainen rund um das Örtchen Castagneto Carducci in der Toskana geht zu Ende. Man hört nur die Vögel zwitschern und das leise Summen der elektrisch betriebenen Rechen der Erntehelfer, mit denen sie die Oliven von den Zweigen kämmen. Die Schönheit solch alter Kulturlandschaften berührt den Betrachter im Innersten und lässt ihn inne halten. Aber haben die Produzenten solcher Betriebe eine wirtschaftliche Zukunft?
Seit Jahrzehnten geht der Olivenanbau in Italien zurück. Die landwirtschaftlichen Betriebe in diesem Sektor sind klein und fragmentiert. Jeder Generationenwechsel birgt die Gefahr, dass Olivenhaine von der Familie aufgegeben werden, weil sie nicht mehr rentabel sind. Außer in Teilen Apuliens befinden sich die Olivenhaine zumeist in hügeligen Lagen. Sie sind schwierig maschinell zu bewirtschaften, es braucht viel menschliche Arbeitskraft und das treibt die Kosten in die Höhe. Hinzu kommt die Alternanz der Erntejahre (auf ein mengenmäßig üppiges Jahr folgt ein eher mageres), die aufgrund des Klimawandels größere Ausschläge aufweist als früher. Und der Klimawandel trifft die Kleinproduzenten härter als größere Betriebe, da es für sie schwieriger ist, das Geld für nötige teure Investitionen in z. B. Bewässerungsanlagen aufzubringen.
Das Erntejahr 2024/25 war ein mageres Jahr und die nationale Produktion von Olivenöl in Italien ging auf etwa 248.000 t* zurück. Erste Schätzungen** für das Erntejahr 2025/26 sehen wieder positiver aus. Verbände aus dem italienischen Olivenölsektor gehen davon aus, dass 300.000 t erreicht werden können. Wenn man diese Zahl allerdings mit dem jährlichen Mittelwert der italienischen Olivenölproduktion von 667.000 t in den Jahren 2000 bis 2009 vergleicht***, dann ist das mehr als eine Halbierung der nationalen Produktion.
Ein weiterer Faktor, der den massiven Verlust von Anbauflächen beschleunigt, ist das Olivenbaumsterben im Süden Apuliens, der mengenmäßig wichtigsten Anbauregion für Oliven in Italien. Seit etwa 2013 hat sich dort das Feuerbakterium Xylella Fastidiosa verbreitet, das von einem Insekt, der Wiesenschaumzikade, auf die Bäume übertragen wird. Das Feuerbakterium verstopft die Leitungsbahnen des Baums und lässt diesen Stück für Stück vertrocknen. Bis jetzt ist es "nur" gelungen, die Verbreitung des Bakteriums einzudämmen, nicht aber, die bereits befallenen Bäume zu retten. Auch ein Rückgang der Artenvielfalt geht damit einher. Denn es gibt aktuell nur vier Xylella-resistente Olivensorten, mit denen die gerodeten Olivenhaine nun zum Teil wieder neu bepflanzt werden.
Olivenöl aus Italien ist und bleibt ein knappes Gut. Dennoch sinkt der Olivenölpreis auf dem Weltmarkt. Denn dieser richtet sich hauptsächlich nach den zu erwartenden Erntemengen aus Spanien, die größtenteils aus superintensiv bewirtschafteten Monokulturen rund um Jaen, Andalusien, eingefahren werden. Das Land deckt gut 44 Prozent der weltweiten Nachfrage an Olivenöl ab. Ersten Schätzungen**** zufolge erwartet Spanien für 2025 ein normales Erntejahr mit einer Olivenölproduktion von etwa 1,372 Mio. Tonnen, was ungefähr der Menge des Vorjahres entspricht.
Wo also liegen die Chancen für kleine italienische Produzenten und wo liegt somit die Zukunft ihrer oftmals Jahrhunderte alten Kulturlandschaften? Sicherlich NICHT im anonymen Massenmarkt für Supermarkt-Olivenöl. Ihre Chancen liegen im Sektor der hochqualitativen Olivenöle und im Hervorheben der Einzigartigkeit ihrer Kulturlandschaften und Biodiversität. Kein anderes Land weltweit hat eine solch große Vielfalt an Olivensorten, nämlich mehr als 540! Und ihre Chancen liegen in der Selbstvermarktung, indem sie direkt ihre Kunden von der Qualität und Unverwechselbarkeit ihrer Öle überzeugen und einen Preis dafür erzielen, der ihnen eine sichere wirtschaftliche Perspektive ermöglicht.
Mit meiner Arbeit und meinem Online-Shop möchte ich einen kleinen Teil dazu beitragen, dass dies gelingt. An dieser Stelle ein herzliches GRAZIE MILLE an Sie alle, die Sie sich für hochqualitatives Olivenöl und die Menschen dahinter und ihre Kulturlandschaften interessieren!
*Quelle: ISMEA, Report zum Olivenölsektor, Juli 2025
** Quelle: Erste Schätzungen Unaprol, Coldiretti, Foa Italia, September 2025
*** Quelle: MERUM Dossier Olivenöl, 4. aktualisierte Auflage
**** Quelle: Erste Schätzungen MAPA, Oktober 2025
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