Wie wird die neue Olivenernte? Die Produzenten berichten.
Im Juli begann die wichtigste Wachstumsphase der Olivenfrucht vor der neuen Ernte im Herbst. Wie viele Früchte hängen dieses Jahr am Baum? Sind sie gesund? Ist die Wetterlage günstig? Ich habe bei meinen Olivenölproduzenten quer durch Italien Anfang August nachgefragt:
Eine Vorbemerkung: Die Olivenfliege ist Feind Nr. 1 des Olivenbauerns. Darum wird sie in fast jedem Bericht der Produzenten thematisiert. Die Weibchen der Olivenfliege stechen die unreifen Olivenfrüchte an und legen ihre Eier darin ab. Die sich daraus entwickelnden Larven fressen sich durch das Fruchtfleisch der Oliven mit später verheerenden Auswirkungen auf die Qualität des Öls. Ab Temperaturen über 34 Grad Celsius hält die Olivenfliege "Siesta" und ist kaum noch unterwegs. Steigende Temperaturen bedeuten weniger Olivenfliegenbefall. Der wohl einzige positive Effekt des Klimawandels.
"Wir hatten sehr viel Regen dieses Jahr, was den Olivenbäumen aber bis jetzt nicht geschadet hat. Nach einer fantastischen Blüte im Frühling war auch der Fruchtansatz danach ziemlich gut, so dass wir eine überdurchschnittliche Ernte erwarten. Die Oliven sind größer als in anderen Jahren aufgrund des vielen Regens. Das macht sie appetitlicher für die Olivenfliege. Aber unsere Olivenfliegenfallen funktionieren bestens und unsere Olivenhaine sind gut geschützt. Wir hoffen, dass jetzt das gute Wetter anhält und schauen somit sehr optimistisch auf die nächsten Wochen!"
Paolo Digaetano von Fonte di Foiano, Toskana, südlich von Livorno:
"Den Olivenbäumen geht es gut. Die ergiebigen Regenfälle im Frühling sind jetzt bei den heißen Temperaturen eine riesen Hilfe. Dort wo wir Bewässerungsanlagen haben, reicht eine wöchentliche Bewässerung aus. Es sieht mengenmäßig nach einem guten Jahr aus. Jetzt gilt unsere ganze Aufmerksamkeit der Olivenfliege. Wir sind so gut wie jeden Tag in den Olivenhainen für Kontrollen und Präventionsmaßnahmen unterwegs. Wir müssen jetzt auf der Hut sein, wenn wir im Herbst gesunde Früchte ernten wollen."
Nico Sartori von der Fattoria Altomena, Toskana, östlich von Florenz:
"Nach mehreren mengenmäßig schlechten Jahren, hängen dieses Jahr erfreulicherweise wieder mehr Früchte an den Bäumen. Hoffen wir, dass es bis November so bleibt! Seit mehreren Wochen haben wir sehr hohe Lufttemperaturen, was unser einziges natürliches System ist, die Olivenfliege zu bekämpfen. Hoffen wir, dass bis November kein Hagel als Niederschlag kommt!"
Filippo Alampi von der Fattoria Ramerino, aus den süd-östlichen Hügeln um Florenz:
"Wir hatten hervorragende Bedingungen zur Blütezeit, auch der Fruchtansatz ist an allen Bäumen sehr erfreulich verlaufen. Ich rechne mit einer leicht über dem Durchschnitt liegenden Ernte. Wir hatten im Frühjahr ausreichend Regen, aber bis zur Ernte müssten noch einmal Niederschläge kommen, weil ansonsten die Gefahr besteht, dass der Baum aufgrund von Trockenheitsstress Früchte abwirft. Aktuell haben wir sehr heiße Temperaturen. Seit Wochen sind keine Olivenfliegen unterwegs. Präventiv behandeln wir jedoch unsere Bäume nach Bio-Richtlinien mit einem Kaolin-Kupfergemisch."
Tommaso Masciantonio von Trappéto di Caprafico, südliche Abruzzen:
"In unserer Region rund um Chieti wird die diesjährige Olivenölproduktion wohl deutlich unter dem letzten Jahr liegen, das allerdings überdurchschnittlich gut war. Ich selbst bin ganz zufrieden mit der Menge an Oliven an unseren Bäumen. Und es sind perfekte Oliven von exzellenter Qualität. Aufgrund der Hitze haben wir keinerlei Schädlingsbefall."
Pietro Intini von Olio Intini, Apulien bei Alberobello:
Nach dem sehr ertragreichen letzten Jahr erwarten wir heuer ein durchschnittliches Erntejahr. Die Temperaturen liegen konstant über 30 Grad Celsius mit geringer Luftfeuchtigkeit und es weht eine konstante Brise in den Olivenhainen in Hügellage. Dank dieser Bedingungen haben wir gesunde Früchte ohne jeglichen Olivenfliegenbefall. Wir hoffen jetzt, in der Wachstumsphase der Olivenfrucht, auf moderate Regenfälle und sind zuversichtlich, dass es ein gutes Qualitätsjahr wird!"
Michele Librandi von Tenute Librandi, nördliches Kalabrien:
"Der Klimawandel macht sich bemerkbar, aber wir stellen uns der Herausforderung und setzen Strategien um, die uns helfen, unsere Olivenhaine an die Veränderungen bestmöglich anzupassen. Nach einem mengenmäßig sehr guten letzten Jahr haben wir mit weniger Oliven gerechnet und so ist es auch gekommen. Aktuell müssen wir aufgrund der Trockenheit und Hitze bewässern und sind natürlich auch sehr wachsam, was einen evtl. Schädlingsbefall angeht. Drücken wir die Daumen, dass bis zur Ernte alles weiterhin gut läuft!"
Antonella Titone von Titone, Trapani, nordwestliches Sizilien:
"Bei uns gab es nur wenige Regenfälle und diese waren auch nicht sehr ergiebig. Darum müssen wir bewässern. Die Bäume besprühen wir mit Gesteinsstaub, um sie so vor Hitzestress zu schützen. Die Oliven sind gesund. Wir beobachten kontinuierlich mit Olivenfliegenfallen eventuellen Schädlingsbefall. Die gesamte Produktion wird dieses Jahr wohl etwas geringer ausfallen im Vergleich zum Vorjahr, da es im Winter nicht kalt genug für eine Ruhephase der Bäume war."
Giuseppe Ardagna, Abteilung Qualität und Produktion, Frantoi Cutrera, südöstliches Sizilien:
"In unserer Region ist es eines der trockensten Jahre in jüngster Zeit. Eine Wetterlage, die wohl nicht sofort negative Auswirkungen auf die Olivenölproduktion haben wird, wohl aber mittel- und langfristig. Olivenbäume reagieren langsam auf umweltbedingten Stress und zeigen diesen dann oftmals verspätet, auch wenn die Umweltkonditionen schon wieder besser geworden sein sollten. Bis jetzt zeigen sich glücklicherweise keine negativen Auswirkungen. Unsere Olivenhaine, auf 500 Metern Höhe über dem Meeresspiegel unterhalb der Hybläischen Berge (Monti Iblei) gelegen, können wir bewässern und somit sicherstellen, dass die Früchte weiterhin gut wachsen. Das trockenheiße Klima verhindert Schädlingsbefall und Baumkrankheiten. Auch wenn die gesamte Produktion vermutlich etwas zurückgehen wird, so ist die verbleibende doch von sehr hoher Qualität. Wir erwarten alle sehnlichst Regen, der hoffentlich bald kommen wird. Den wünschen wir nicht nur uns, sondern allen Landwirten auf unserer Insel!"
(Die Berichte stammen von Ende Juli/Anfang August 2024)
Foto: Stefan Bogner für das Buch SuperOlio, Delius Klasing Verlag