Kann ich Olivenöl erhitzen?
Die Antwort lautet: Ja, Sie können jegliches Olivenöl zum Braten, Frittieren und auch Backen benutzen. Es ist dank seines hohen Prozentsatzes an einfach ungesättigten Fettsäuren sehr hitzebeständig. Wer gesünder kochen und braten will, greift allerdings nur zu Olivenöl mit sehr hohem Polyphenolgehalt. Warum, erkläre ich in diesem Artikel.
Was passiert beim Erhitzen von Speisefetten?
Bei allen Speisefetten ist zu beachten: Sie dürfen beim Erhitzen nicht zu rauchen beginnen. Dieser schädliche Rauchpunkt liegt bei Olivenöl bei etwa 220 Grad. Die durchschnittliche Temperatur beim Frittieren liegt zwischen 170 und 180 Grad. Heißer? Braucht es nicht! Chemisch betrachtet setzt sich bei jeglichem Speisefett unter Anwendung von Hitze und Zufuhr von Sauerstoff ein Zersetzungsprozess (Oxidation) in Gang. Diese Oxidation verschlechtert den chemischen Zustand des Speisefetts. Es bilden sich freie Radikale und Moleküle, die bis zu einem gewissen Grad für uns giftig sein können.
Hauptsächlich zwei Faktoren machen ein Speisefett widerstandsfähiger gegen den Oxidationsprozess:
a) die Zusammensetzung der Fettsäuren
b) evtl. weitere Komponenten im Speisefett, die den Zersetzungsprozess verlangsamen und somit auch das Brat- und Kochgut länger schützen können.
Wie sieht es nun beim Olivenöl aus?
a) Einfach ungesättigte Fettsäuren sind stabiler als mehrfach ungesättigte Fettsäuren und somit geschützter vor Oxidation. Olivenöl hat von allen pflanzlichen Speiseölen und -fetten den höchsten Anteil an einfach ungesättigten Fettsäuren, nämlich durchschnittlich zwischen 70 und 80 Prozent (vgl. Rapsöl ca. 65 Prozent oder Sonnenblumenöl ca. 15 Prozent).
b) ein hoher Gehalt an antioxidativ wirkender Polyphenole, den sekundären Pflanzenstoffen im Olivenöl, schützt das Brat- und Kochgut zusätzlich beim Erhitzen. Einen hohen Polyphenolgehalt in Olivenöl findet man nur in hochqualitativen Ölen.
Ist raffiniertes Olivenöl nicht besser zum Erhitzen geeignet als kaltgepresstes extra natives?
Nein! Raffinierte Olivenöle, die, mit einem kleinen Prozentsatz an nativem oder extra nativem Olivenöl verschnitten, in unseren Supermarktregalen als Warenkategorie 'Olivenöl' unter werbetauglichen Namen wie "Olio da Cucina" oder "Bratolive" dem Verbraucher vorgaukeln, sie seien besonders gut zum Braten und Kochen geeignet, enthalten fast keine Polyphenole mehr. Da wird der Verbraucher leider in die Irre geführt.
Gesünder kochen und braten mit hochpolyphenolhaltigem Olivenöl
Maurizio Servili, Professor für Lebensmittelwissenschaften und -technologie der Universität Perugia, der sich seit gut 30 Jahren mit den qualitativen Eigenschaften von Olivenöl befasst, plädiert dafür, besonders intensiv fruchtige, also Olivenöle mit kräftigen Bitternoten und deutlicher Schärfe, mit Polyphenolwerten von 700 mg/kg und darüber fürs Kochen zu verwenden. Die phenolische Struktur von Olivenöl bricht zwar beim Koch- bzw. Bratvorgang auf und verliert dadurch ihre sensorischen Merkmale, d.h. das Olivenöl verliert die Bitterkeit und Schärfe, aber das Olivenöl behält einen Großteil seiner bioaktiven Eigenschaften. Koch- und Bratgut werden dadurch vor der Hitze geschützt und enthalten nach der Zubereitung in der Küche auch mehr bioaktive Substanzen.
Sie möchten mehr erfahren? Dieser Text ist ein kleiner Auszug aus meinem Buch "SuperOlio - Eine neue Spitzenkategorie Italienischer Olivenöle - gesünder und aromatischer als je zuvor. Erschienen im Delius Klasing Verlag. Oder buchen Sie einen meiner 90-minütigen Online-Crashkurse Olivenöl.
Quellen:
Studie der Universität Bologna, Prof. Giovanni Lercker, Prof. Tullia Gallina Toschi, Dr. Lorenzo Cerretani
Interview Prof. Maurizio Servili, SuperOlio - Michaela Bogner, Delius Klasing Edition, 2019
Foto: SuperOlio