Das Problem mit der Warenkategorie „nativ extra“. Ein Nachtrag zum Olivenöltest von Stiftung Warentest

Das Problem mit der Warenkategorie „nativ extra“. Ein Nachtrag zum Olivenöltest von Stiftung Warentest

Das sortenreine Itrana-Olivenöl Caieta von Cosmo di Russo aus dem Latium wurde Testsieger beim Olivenöltest von Stiftung Warentest, Ausgabe 4/2024. Es ist mittlerweile ausverkauft, nachdem es aufgrund der Berichterstattung rund um die Testergebnisse einen kleinen Ansturm auf genau dieses Öl gab. Das freut mich! Aber um ehrlich zu sein war es ein leicht errungener Sieg.

Warum schreibe ich das? Weil so gut wie alle anderen getesteten Öle von industriellen Herstellern und Abfüllern, also klassische Supermarktware, waren. Bei solchen Ölen geht es nicht um Aromatik, Geschmack und den größtmöglichen Erhalt ernährungsphysiologisch wertvoller Inhaltsstoffe von Olivenöl. Es geht um Menge. Es gibt keine Gemeinsamkeiten zwischen hochqualitativen Produzentenölen wie das Caieta-Olivenöl und Supermarktware außer jener, dass die Güteklasse für alle gleich ist und Olivenöl nativ extra lautet. Und genau das ist ein großes Problem für Spitzenproduzenten. Denn sie laufen Gefahr, "als winziger Qualitätstropfen im Weltmeer von industriell hergestellten Massenolivenölen unterzugehen", wie es Cosmo einst in einem persönlichen Gespräch formulierte.

Offizielle Stellen wie das IOC (International Olive Council) oder das Deutsche Olivenöl-Panel haben kein Interesse daran, die Öle der Spitzenproduzenten von heute mit einer neuen höchsten Güteklasse aufzuwerten. Andersherum scheinen sie auch kein besonderes Interesse daran zu haben, einen Großteil der heute als "nativ extra" deklarierten Abfüller-Öle, die laut EU-Verordnung eigentlich völlig frei von Fehlnoten sein müssten, es aber nun mal nicht sind, in die darunter liegende Güteklasse „nativ“, also Öle mit sensorischen Fehlern, abzuwerten. Nicht nur aus Sicht der Spitzenproduzenten, sondern besonders aus Sicht der Verbraucher wäre dies dringend erforderlich.

Ein weiteres Argument, das für die Neudefinition von Güteklassen bei Olivenöl spricht, ist die Tatsache, dass die Parameter für die Einteilung in die aktuellen Güteklassen aus Zeiten stammen, in denen es solch hochqualitative Öle, wie wir sie heute kennen und schätzen, noch gar nicht gab. Die neue Qualitätsbewegung bei Olivenöl begann erst vor etwa 20 Jahren und hat viel mit moderner Ölmühlentechnologie und einem anderen Qualitätsverständnis für dieses Produkt zu tun.

Ein Umdenken ist nicht in Sicht. Nadja Liebmann, Leiterin des Deutschen Olivenölpanels, das wiederum vom IOC zertifiziert wird, wurde Ende März 2024 in einem Artikel der Rheinischen Post mit folgendem Wortlaut zitiert: „worauf man sich verlassen könne, seien die Güteklassen, nach denen Olivenöl eingeteilt werde: nativ extra sei die höchste Güteklasse und auch zu 99 Prozent das Öl, das man im deutschen Handel bekomme....“  

Das sehe ich völlig anders. 99 Prozent des Olivenöls auf dem deutschen Markt sollen höchste Qualität sein? Sicherlich nicht!

Der Blick aufs Etikett reicht also leider nicht aus, um Qualität bei Olivenöl zu erkennen. Das einzige worauf sich Verbraucher auf der Suche nach qualitativ hochwertigem Olivenöl verlassen können ist ihr eigener Geruchs- und Geschmackssinn: Riecht das Olivenöl pflanzlich grün? Nach frisch geschnittenem Gras, roher Artischocke, Wild- und Wiesenkräutern oder Strauchtomate? Schmecke ich Bitternoten und Schärfe in unterschiedlicher Intensität? Bleibt im Mundraum ein schöner Eindruck von Frische zurück? Dann habe ich Qualität gefunden!

Wer die Welt der hochqualitativen Olivenöle kennenlernen möchte, dem empfehle ich mein Probierset inkl. Anleitung und Informationen mit drei Fläschchen Olivenöl der aktuellen Ernte für die Verkostung zuhause.

Teilen: